Christian Muthspiel Trio

“Homesick” – The Music of Werner Pirchner

Christian Muthspiel – trombone, piano, e-piano, toy-piano, voice
Franck Tortiller – vibraphone
Jerome Harris – electric bass, guitar, voice

> English text         > Pressestimmen

Projekttext von Christian Muthspiel

Nach einigen Jahren Pause beschäftige ich mich mit meinem neuen, für dieses Projekt gegründeten Trio ein weiteres Mal mit Werner Pirchners Jazzkompositionen, um einige dieser zwischen allen Stühlen und Stilen changierenden Kleinode gemeinsam mit meinen Mitmusikern, die vertraute Weggefährten aus langjährigen Projekten sind, erneut auszuloten.
Pirchner, der als virtuoser Jazz-Vibraphonist eine wichtige, äußerst individuelle Stimme der internationalen Jazzszene war, um später – zugunsten der Konzentration auf das Komponieren – sein Dasein als Instrumentalist zu beenden, dachte als Jazzmusiker „kompositorisch“, als Komponist „improvisatorisch“. Diese Janusköpfigkeit macht seine besondere Qualität aus, sind doch seine Jazzkompositionen, wiewohl sie als Sprungbretter für Improvisationen bestens funktionieren, immer auch von großem kompositorischen Gehalt, und seine „klassischen“ Werke von der Lebendigkeit und Kraft improvisatorischer Energie durchdrungen.
Pirchners gesellschaftspolitische Haltung und die vielfachen, immer kunstvoll und virtuos ausgeführten Äußerungen derselben, sowie seine künstlerische Konsequenz und lebenslange Neugier mündeten in eine umfassende Werkliste, von der genialen LP „Ein halbes Doppelalbum“ über den Kultfilm „Der Untergang des Alpenlandes“ gemeinsam mit Christian Berger bis zu den Duo-Produktionen im „Jazzzwio“ mit Harry Pepl, von den Signations für den Sender „Ö1“ bis zu den unzähligen Auftragswerken für Kammermusikensembles, Orchester, Blaskapellen, Theater- und Filmproduktionen. Allesamt Werke einer schillernden, widerständigen und widerspenstigen Künstlerfigur, die sich kreativ an ihrer Umgebung rieb, in Tirol lebte und sich von dort aus auf die ganze Welt einließ.
Und so lassen wir uns im Trio auf seine Welt ein, die ich die Freude habe, gemeinsam mit zwei wunderbaren Musikern aufs Neue zu entdecken: Mit Franck Tortiller aus Frankreich, der selbst regelmäßig für Großbesetzungen komponiert, Leiter des „Orchestre National de Jazz“ war und als glänzender Virtuose auf dem Vibraphon quasi den Part Werner Pirchners übernimmt, sowie mit einem Bassisten, Gitarristen und Sänger aus New York, geprägt von Kooperationen mit Musikern wie Sunny Rollins, Paul Motian, Jack DeJohnette, Bill Frisell oder Ray Anderson, um nur einige wenige aus Jerome Harris´ Liste musikalischer Partner zu nennen.

Text by Christian Muthspiel

Following a hiatus of several years, I am taking a fresh look at Werner Pirchner’s jazz compositions with my new trio, which I have established especially for this project. Together with my musicians – all of them trusty companions from other long-term projects – I want to revisit some of these gems that skip and change between all manner of styles.
Pirchner, who, as a virtuosic jazz vibraphonist, was an important and singular voice in the international jazz scene and who later laid aside his work as instrumentalist to dedicate himself to composition, thought “compositionally” as jazz musician and “improvisationally” as composer. It is this duality that gave him his special quality: his compositions, while providing a good springboard for improvisation, always have a rich compositional content; and his “classical” works are imbued with the vitality and potency of improvisational energy.
Pirchner’s sociopolitical views and his numerous and always art- and skilfully rendered expressions of them, as well as his lifelong curiosity and consistency in his artistic work culminated in an extensive list of works, ranging from the ingenious LP “Ein halbes Doppelalbum” through the cult film “Der Untergang des Alpenlandes” together with Christian Berger to the duo productions in the “Jazzzwio” with Harry Pepl; from the signature tunes for Austrian radio channel Ö1 to the numerous commissioned works for chamber music ensembles, orchestras, brass bands, and theatre and film productions: all of them called into life by a vibrant, resistant and recalcitrant artist, who thrived on creative friction with his environment and lived in Tyrol, from where he engaged with the entire world.
And thus, with our trio, we delve into his world, which I have the pleasure of rediscovering together with two wonderful musicians: Franck Tortiller from France, who himself regularly composes for large ensembles, led the “Orchestre National de Jazz” and, as a brilliant vibraphonist, takes the chair of Werner Pirchner in our trio; and a bassist, guitarist and vocalist from New York, who has worked with such luminaries as Sonny Rollins, Paul Motian, Jack DeJohnette, Bill Frisell and Ray Anderson, to name just a few of Jerome Harris’ musical partners. (translated by Dominik Kreuzer)

Pressestimmen

DIE PRESSE
Delikat war auch die Performance von Christian Muthspiel. Mit Vibrafonist Franck Tortiller und Bassist Jerome Harris zelebrierte er den 75. Geburtstag des legendären Tiroler Komponisten Werner Pirchner (1940–2001). Und gedachte auch des 2005 gestorbenen Gitarristen Harry Pepl, der mit Pirchner das Jazzzwio bildete, dessen raffinierte Formensprache auch international gerühmt wurde.
Gleich zu Beginn gab das formidable Trio „Homesick“, ein nachdenkliches Stück, in dem Heimweh als Schmerz an und nicht nach der Heimat definiert wird. Ein schönes Beispiel dafür, wie Pirchner seine Hörer aus falschen Paradiesen scheuchen wollte. Mit elegischem Posaunenspiel heftete sich Muthspiel auf die Fersen der unvergessenen Exzentriker. Innige Lesarten von Pepls Paradestücken „Against the Wind“ und „Air, Love & Vitamins“ sowie Pirchners „Hosent’ Raga“ erfreuten nicht nur die Altvorderen.

SALZBURGER NACHRICHTEN
Den Schnittpunkt aus “Heimweh und Weh an der Heimat” stellte danach Christian Muthspiel in den Fokus. Anreiz dafür war der 75. Geburtstag des 2001 verstorbenen Jazzmusiker und Komponisten Werner Pirchner, den dieser am 13. Februar gefeiert hätte. Als “Quergeist und musikalisches Chamäleon” würdigte der steirische Posaunist und Pianist seinen Vorgänger, ging aber vor allem auch seiner humoristischen Ader auf den Grund und übersetzte diese in seine eigene Sprache.
So begann er gemeinsam mit Vibraphonist Franck Tortiller und Bassist Jerome Harris seine Hommage bei dem verspielten “Homesick”, führte mit Spielzeugpiano und viel Charme durch das elegische “Little Waltz For My Baby” und lief spätestens beim gleichermaßen subtilen wie sperrigen Stück “Against The Wind” zu Höchstleistungen auf. Nicht nur Pirchners Vielseitigkeit wurde hier vor Aug und Ohr geführt, sondern auch, warum Muthspiel seit Jahren zu den prägendsten Figuren der heimischen Jazzszene gehört, dabei virtuos die Zwischenräume nutzend, um seine ganz eigene Nische zu besetzen. Ein in den richtigen Momenten auch zurückhaltender Auftritt, dem nicht zuletzt dank Muthspiels amüsanter Ansagen und körperlich-aufgeladenen Spiels eine wunderbar ausgeglichene Balance beschieden war.

KLEINE ZEITUNG
Den Schnittpunkt aus “Heimweh und Weh an der Heimat” stellte danach Christian Muthspiel in den Fokus. Anreiz dafür war der 75. Geburtstag des 2001 verstorbenen Jazzmusiker und Komponisten Werner Pirchner, den dieser am 13. Februar gefeiert hätte. Als “Quergeist und musikalisches Chamäleon” würdigte der steirische Posaunist und Pianist seinen Vorgänger, ging aber vor allem auch seiner humoristischen Ader auf den Grund und übersetzte diese in seine eigene Sprache.
So begann er gemeinsam mit Vibraphonist Franck Tortiller und Bassist Jerome Harris seine Hommage bei dem verspielten “Homesick”, führte mit Spielzeugpiano und viel Charme durch das elegische “Little Waltz For My Baby” und lief spätestens beim gleichermaßen subtilen wie sperrigen Stück “Against The Wind” zu Höchstleistungen auf. Nicht nur Pirchners Vielseitigkeit wurde hier vor Aug und Ohr geführt, sondern auch, warum Muthspiel seit Jahren zu den prägendsten Figuren der heimischen Jazzszene gehört, dabei virtuos die Zwischenräume nutzend, um seine ganz eigene Nische zu besetzen. Ein in den richtigen Momenten auch zurückhaltender Auftritt, dem nicht zuletzt dank Muthspiels amüsanter Ansagen und körperlich-aufgeladenen Spiels eine wunderbar ausgeglichene Balance beschieden war.